Authentisch sein – was bedeutet das eigentlich?

Ein Erklärungsversuch…

Authentisch sein heisst im Grunde nichts anderes als ganz sich selbst zu sein. Da wir uns selbst in einer ständigen Veränderung befinden, gilt es in jeder Situation «unseren inneren Kompass» neu zu befragen: Was nehme ich jetzt wahr? Was fühle ich jetzt? Und wie möchte ich mich dementsprechend ausrichten? Wenn mich beispielsweise eine mir nahestehende Person fragt, wie geht es Dir, kann ich natürlich sagen: «Gut.» Und denke nicht weiter nach. Oder ich nehme ein paar Atemzüge und spüre genau nach, wie es mir wirklich gerade geht. Die Antwort kann dann u.U. etwas länger ausfallen als nur «Gut». Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass Authentizität grundsätzlich keine vorgefertigten Antworten kennt.

Sich auf den Moment einlassen…

Auch die Quantenphysik geht davon aus, dass nichts fix und unverrückbar ist. Den Test aufs Exempel können Sie machen, wenn Sie jetzt für 10 Sekunden innehalten und einfach nur Ihren Atem bewusst wahrnehmen. Obschon sich scheinbar äusserlich nichts verändert hat, wandeln sich Ihre Gefühle und Gedanken. Mit anderen Worten: Sie sind nicht mehr der gleiche Mensch wie kurz zuvor.

Wer also authentisch kommunizieren will, lässt sich immer wieder ganz auf den Moment ein. Dies kann zum Beispiel bei einer Mitteilung des Gesprächspartners sein. Anstatt umgehend eine aus der Vergangenheit produzierte, vorgefertigte Antwort zu geben, lassen wir die Situation für Sekundenbruchteile wirken. Wir hören in uns hinein und lassen dadurch eine Verbindung zu unserer Mitte zu. Hans-Peter Dürr, deutscher Physiker und Essayist, spricht in solchen Momenten vom Hineinhorchen in unser Hintergrundfeld, in welchem alles miteinander verbunden ist.

Sich mit dem inneren Kompass verbinden

Im hektischen beruflichen Alltag ist das Authentisch-Sein und -Kommunizieren besonders herausfordernd, da unsere Aufmerksamkeit fast permanent auf das Aussen gerichtet ist. Die Rückkoppelung mit unserem inneren Kompass ist jedoch essentiell, um die Selbstführung zu bewahren und in Verbundenheit mit uns selbst zu handeln. Wenn dies gelingt, spricht Otto Scharmer, deutscher Ökonom, Dozent am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und Begründer der U-Theorie, von einem Entwicklungssprung des Handelns und Führens unter gleichzeitiger Aktivierung der emotionalen und intuitiven Ressourcen. Genau dann, so Scharmer, können wir unser Potenzial vollständig entfalten und zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.

Manchmal braucht es ein Quäntchen Mut…

Gerade in Führungscoachings stellt sich immer wieder die Frage, wie die/der Betroffene mit herausfordernden Situationen umgehen soll. In diesen Fällen könnte man verschiedene Möglichkeiten oder Szenarien erarbeiten, Hypothesen aufstellen usw. Oft eröffnet aber auch eine Gegenfrage eine neue Ebene: Wie würdest Du denn gerne damit umgehen, wenn Du frei wärst zu handeln, wie Du willst?

Letzte Woche hat ein Coachee auf die Frage spontan geantwortet: «Eigentlich weiss ich es, aber das kann ich doch nicht machen». Offenbar konnte sich der Coachee durch diese Frage sofort mit seinem inneren Kompass verbinden und eine für sich klare und stimmige Antwort tauchte in ihm auf. Doch sein Blick nach aussen und auf die Umsetzung trieb ihn einige Sorgenfalten auf die Stirn. Das Beispiel zeigt: Authentisch-Sein ist nicht immer einfach. Manchmal braucht das Authentisch-Sein oder -Führen auch ein Quäntchen Mut, den vorgetretenen, erwarteten oder konformen Pfad zu verlassen und sich auf den eigenen Weg zu begeben.

Kennen Sie solche Situationen? Ist Ihnen eine persönliche Authentizität wichtig? Kommunizieren und Führen Sie authentisch? Schaffen Sie Räume für Ihre Mitarbeiter und Mitmenschen, damit diese ebenfalls authentisch sein können?